Mittwoch, 2. Juni 2010

Signalwirkung

Über bürokratische und journalistische Regulierung.

Was soll der Geiz. Wenn man mal zwei Tage ohne Klausuren und Hausarbeiten verbringt, dann darf auch die Blog-Frequenz mal ein bisschen erhöht werden. Heute will ich mal ein bisschen über die visuellen Reize berichten, die mich hier sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken bringen.

Als ich gestern nach dem Aufstehen das erste Mal in Richtung Wohnungstür getaumelt bin, hat mich ein ganz seltsames Gefühl erfasst.
Das „irgendwas ist hier anders“-Gefühl dürfte einigen von euch auf jeden Fall geläufig sein. Kurz bevor ich die Türklinke in die Hand nahm, ist es mir dann klar geworden. Dieses Schild war gestern noch nicht unserem Apartment zu finden:



Ich meine, ich war mir über dieses Regelung bewusst, wenn auch in etwas anderer Form. Ich habe nach meiner Ankunft hier nämlich aus purer Langeweile das Handbuch zu meinem INTI-Apartment gelesen. Da standen dann sinngemäß  so Dinge wie: Im Apartment darf nicht geraucht und kein Alkohol getrunken werden (von Drogen gar nicht zu sprechen), es sind keine weiblichen Besucher nach 22 Uhr gestattet und es dürfen keine Gäste (geschlechtsunabhängig) zu Übernachtungen eingeladen werden. Ich hielt diese Regelungen damals noch für einen reinen Marketing-Gag, da viele Unis sich hier eher an Eltern als  an Studenten verkaufen wollen (ist halt so eine Kultur-Sache). Da Studenten aber wissen, dass diese Bürokratie eher paradox zum tieferen Sinn des Studierens steht, hatte ich auch die letzten Wochen nichts dagegen, dass mein Mitbewohner seine Freundin mal für die ein oder andere Nacht einlädt.
Als ich ihn gestern Morgen aber gefragt habe, ob er unser neues Schild schon gesehen hat, wirkte er nicht sonderlich überrascht als ich ihm den Wortlaut zusammenfasste. Nach ein wenig rumdrucksen, gab er dann zu, dass dieses Schild ihm und seiner Freundin zu verdanken war. „We got busted on Monday“, gab er grinsend zu. Er hat nicht näher erläutert wobei er erwischt wurde, aber ich glaube, das Schild spricht Bände. Das Schild ist demnach eine kleinlaute Reaktion eines Mitarbeiters des Accomodation Offices. Jedenfalls wird unser Apartment ja von Putzfrauen einmal wöchentlich gereinigt. Das Bild, wie eine dieser Cleaning-Ladies dann aber am Montag mit runter geklapptem Unterkiefer plötzlich im Raum stand und sagte „You are not allowed to bring women here“, stelle ich mir aber auf jeden Fall als Entertainment höchster Güte vor. Natürlich nur als Unbeteiligter.

Soll aber nicht mein Problem sein. Ich bin schließlich nur noch einen Monat hier. Kim muss sich hingegen noch zwei Jahre mit der moralischen Dame vom Accomodation Office herumschlagen. Ich habe vorsichtshalber mal das letzte Bier im Kühlschrank leer gemacht. Man weiß ja nie, was man in den nächsten Wochen noch aus dem Bürokraten-Lager erwarten darf …


Wo wir aber schon mal bei Bildern sind. Ich habe mir die Woche auch noch das Magazin „The Economist“ hier gekauft. Am Montag sind ja die letzten Hausarbeiten eingereicht worden und ich habe etwas Zeit zum Lesen übrig. Irgendwas stört mich aber am Titelbild dieser Wirtschaftszeitung. Machen wir  doch einfach mal ein Suchbild daraus:



Was gemerkt? Richtig! Ich finde nämlich auch, dass diese Form der Zensur etwas dilettantisch rüberkommt. Dass man hier aus religiösen und ästhetischen Gründen keinen nackten Mann in die Auslage eines Zeitschriftenhandels stellt, kann ich so weit nachvollziehen. Der schwarze Balken, oder in diesem Falle das schwarze Rechteck, offenbaren aber wohl noch eine andere Story. So wirkt das Ganze auf mich, als wäre diese Zensur umgesetzt worden, nachdem das Magazin schon aus der Presse war. Besonders das Bild, das im Zeitungs-Inneren noch einmal verwendet wird bestärkt mich dabei in meiner Vermutung. Also entweder ist im Laufe von 11 Seiten das, was es zu zensieren gab noch einmal gewaltig gewachsen, oder es hat wirklich jemand mit weniger Hang zur Präzision nachträglich in beiden Bildern mit einem Edding „Hand angelegt“.

Ich will hier aber gar nicht weiter in eine Diskussion über Presse-Freiheit und Pornographie einstimmen. Abschließend bleibt eigentlich nur zu sagen, dass beide hier vorgestellten Fälle bei mir wieder eindeutig in die Kategorie „Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht!“ fallen.

In diesem Sinne. Lasst euch nicht erwischen.

ChK

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