Montag, 22. März 2010

KL calling – the answer is somewhere in my head

“Herr Barth, sonst die Klimaanlage funksseioniert imma! – Ist mir doch egal was die Klimaanlage macht, wenn ich nicht da bin!“ Warum geht mir dieser Satz aus einem frühen Mario Barth-Programm gerade jetzt durch den Kopf? Ach ja, ich weiß es wieder. Es liegt daran, dass ich gerade im Zug nach Kuala Lumpur stehe und in einem völlig überfüllten Abteil schwitze, als hätten meine Poren Tag der offenen Tür. Ich halte mich mit der Hand ziemlich weit oben unter Decke fest, damit ich bei einer Vollbremsung nicht den Stagediver durch die versammelte Menge mache. Mein hoher Griff hat aber auch seine Schattenseite. So kann ich unter anderem bestens beobachten, wie sich ein kleiner Schweißtropfen meinen Arm herunter windet und droht, jeden Augenblick auf den Kopf der sympathischen kleinen Inderin zu tropfen, die sich beim Einsteigen noch so gerade eben vor mich gemogelt hat.
Puh,
das war noch einmal knapp. Da hab ich gerade noch rechtzeitig mit dem Arm gezuckt. Oha, und da läuft der nächste Tropfen auch schon meinen Rücken herunter. Ich merke, es ist eine einzige ausweglose Situation. Da nehme ich lieber noch einen Schluck von meinem Kaffee.
Es gibt in der Tat nur zwei Dinge, die mir in diesem Moment noch Hoffnung geben. Zum einen sind es nur noch zwei Stationen bis zum Umsteige-Bahnhof KL Sentral und zum anderen ist es gut zu wissen, dass außer mir und dem viel zu dicken kleinen Jungen rechts von mir, hier alle genauso schwitzen. Das heißt zumindest schon einmal, dass sich mein Körper nun auch in Malaysia angekommen ist.

Heute bin ich mal Tourist. OK, eigentlich ist das lediglich als mentale Grundausrichtung zu verstehen, die sich in meinem Fall nicht in der Außenwirkung niederschlagen soll. Das heißt, die Socken nicht zu hoch ziehen, am besten eine lange Jeans und keine kurzen Shorts tragen und anstatt mit der Karte im Gesicht vor die nächste Laterne zu laufen, einfach mal „Fünfe gerade sein lassen“ und zurückgelehnt die Stadt auf sich wirken lassen.
 Aber was machen denn die ganzen Menschen hier und wie soll ich ohne Warnweste und Ampelkelle über die Straße kommen? Fragen, die sich im Laufe des Tages häufen. Nichts desto Trotz:  Erst einmal selbstbewusst losstratzen. „Großes Gebäude, noch größeres Gebäude, Bus, Bus, Bus, Hotel, Bank-Filiale, Bus, Bus, Bus, …“ geht es in meinem Kopf. Primitivste Informationen, werden gar nicht mehr in Sätze verarbeitet. Und der Abgleich mit der Karte ist auch nicht sonderlich hilfreich. Kein Schild, keine Namen und keine Straßen finden sich in der Kuala-Lumpur-Karte auf der vorletzten Seite des deutschen Malaysia-Reiseführers wieder.  „Wenn ich wieder zu Hause bin, dann stelle ich erst einmal einen Marco-Polo-Mitarbeiter mit dieser Karte in den KL-Großstadtdschungel – und wenn ich einen entführen muss“, denke ich leicht zynisch bei mir selbst. Panik kenne ich aber hier nicht. Nach Subang Jaya finde ich alle Male wieder zurück, auch wenn ich mir eine halbe Stunde die nervenaufreibende indische Musik des Taxifahrers reinziehen muss.

Also hier findet man Menschen aus der so genannten „westlichen“ Welt in Malaysia. Franzosen, Italiener, Amerikaner, Kanadier und sogar deutsche Touristen, Aussteiger oder Backpacker prägen das Stadtbild in KL noch viel intensiver als in allen anderen Orten in der Umgebung. Da ist ja ein Fluss. Wasser! Ein guter Orientierungspunkt. Das ist bestimmt der breitere blaue Strich hier in der Mitte der Karte – eine absolut natürliche Reaktion für jemanden, der die „Pfadfinder“ nur vom Hören-Sagen kennt. Einfach immer diesem Gewässer entlang und ich komme an fast allem vorbei, was ich heute so sehen wollte. Neuer Mut.

In der Tat merke ich den einstündigen Spaziergang gar nicht so sonderlich in meinen Beinen. Woran ich schon alles vorbeigekommen bin, ohne es gesehen zu haben. Nähern wir uns der ganzen Angelegenheit mal etwas rationaler: Der Fluss, den ich zu Fuß entlang gegangen bin und der, den ich mit dem Finger auf meiner Miniaturkarte verfolgt habe, sind definitiv nicht identisch und liegen wahrscheinlich gerade mal im gleichen Regierungsbezirk!

Tatsächlich werde ich heute noch zufrieden die Heimreise antreten. Denn als ich meine Nase doch noch einmal aus der Karte nehme und den Blick nach oben richte - höher, noch ein Stückchen höher - habe ich plötzlich ein Ziel vor Augen. Die Petronas-Towers erstrecken sich vor mir in ihrer vollen Größe.  Auf 452 Metern Höhe symbolisiert man hier in Malaysia Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung. Einfallsreich und keineswegs überheblich überragen die Twin-Towers die Stadt. Und für mich bedeuten sie heute vor allem eines: Ziellos und planlos habe ich eins der der beeindruckensten Bauwerke der Welt gefunden, ohne überhaupt danach gesucht zu haben. Also raus mit der Digitalkamera. Auch wenn die Uhr mittlerweile schon 18 Uhr zeigt.



*Was ihr hier gelesen habt, ist eigentlich nur als kleines experimentelles Kontrastprogramm zum klassischen Blog-Post gedacht. Ich habe einfach so „drauflosgeschrieben“. Vielleicht auch nicht zuletzt, weil es um einiges kürzer ist als das, was ich euch eigentlich aus den letzten Tagen berichten könnte. Aber wie es wirklich in KL war und was ich noch alles erlebt habe (inklusive Fotos), wird in Kürze folgen. Ebenso wie Berichte über weitere Ausflüge und mein Leben an der Uni. Momentan passiert viel. Nur leider stehen auch noch viele Hausarbeiten für die Uni an. ChK

1 Kommentar:

  1. Chris,
    wann fängst du an, an deinem Buch zu schreiben?

    Das war schön geschrieben!

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