Donnerstag, 29. April 2010

„They use the finger, you know!“

Ich weiß, dass es schon eine Weile her ist, dass es hier Neuigkeiten oder zumindest neue Beiträge zu lesen gab. Das liegt wirklich zum Teil daran, dass ich hier echt eine Menge mit Prüfungen und Lernen zu tun habe. Ich bin zwar die Tage einer Facebook-Seite mit dem Titel „University - Working hard 12 hours a day, 7 days a week, 2 weeks a year” beigetreten, aber diese Handlung ist sicherlich eher auf meine Zukunft an der BiTS bezogen.
Warum ich jetzt doch wieder blogge? Naja, ich hatte gerade ein kleines Erlebnis im Taxi, das seitdem meinen Kopf penetriert und jetzt einfach mal „rausgeschrieben“ werden muss.

Ich fahre hier eigentlich sehr gerne Taxi. Zumal mich der Weg von meinem Haus bis zur Uni gerade mal 5 RM kostet. Ich würde auch behaupten, dass ich morgens hin und wieder aktiv ein Taxi den doch sehr heruntergekommenen Bussen hier vorziehe, aber machen wir uns nichts vor: Der Bus vor meiner Tür fährt jeden Morgen pünktlich ab und mein Tagesablauf kollidiert hin und wieder mit festen Zeiten und Terminen.
Jedenfalls habe ich heute mal ein Taxi genommen um im Asia Cafe zu Abend zu essen. Die Taxifahrer hier sind schon eine ganz eigene Spezies für sich. Die schneiden sich hier den ganzen Tag ihren Weg durch den chaotischen Verkehr und haben ganz eigene Wege ihre Gäste bei Laune zu halten. Einige kennen sich gut in Politik aus, andere versuchen mit Gesang und Musik aus dem Radio ordentlich Stimmung zu verbreiten. Manche sagen aber auch einfach die ganze Fahrt über kein Wort. Wenn ich als Weißer in ein Taxi steige, nimmt das Gespräch meist einen sehr identischen Verlauf. Zuerst werde ich gefragt, ob ich ein Student bin und wo ich studiere. Dann kommt die wichtige Frage „Where are you from?“  und dann war es das auch schon. Denn von da an, fangen die Fahrer meistens an, das abzurufen, was sie über Deutschland wissen. „Wery, wery good country“ (die meisten Taxifahrer sind hier Inder) geht es los. Dann kommt meist ein „Bayern Munich“ und dann verschiedenes über deutsche Autos oder Leute aus dem Bekanntenkreis, die schon einmal da gewesen sind.

Deshalb war ich aber auch nicht sonderlich darauf gefasst, was mir der Taxifahrer heute so alles zu vermitteln versuchte. Nachdem ich ihm erklärt habe, wo ich studiere, wollte er mich erst einmal bequatschen doch am Sunway College (eine der teuersten Privatunis in der Gegend) zu studieren. Auf meine Herkunft, entgegnete er relativ gekonnt „Guten Tag“, was aber auch der Auftakt zur Wende in diesem Gespräch war. „I have a friend from Germany, she is smokin’ hot!“ Seine  erste Aussage war zwar etwas unkonventionell, aber er ist schließlich auch nur ein Mann. “Have you found a chick around here?” – Diese Frage höre ich gar nicht so selten, wie man vielleicht denken würde, aber sicherlich nicht in einem Taxi. Das habe ich bisher noch nicht. Aber ich habe ihm aus kulturellem Respekt deutlich vermittelt, dass ich die Damen hier im Allgemeinen außerordentlich ansehnlich und  ästhetisch finde (OK, vielleicht habe ich das nicht in solch gehobener Lyrik getan).  Jedenfalls trieb er es im Folgenden noch auf die Spitze, als er mir anbot, mir eine Frau hier zu finden. Spätestens hier war ich mir sicher, dass ich mich im PIMP-Cab befinde. Seiner Erfahrung zufolge, stehen hier in der Gegend viele Frauen auf europäische Männer. Er sah immerhin schon aus wie Mitte 50, deshalb sollte ich seine Meinung vielleicht im Hinterkopf behalten. Nichts desto trotz konnte ich im Rückspiegel erkennen, wie mein Gesichtsausdruck leicht verlegen wirkte.
Als wir dann endlich in einen der vielen Staus hier gerieten, driftete die Unterhaltung glücklicherweise etwas ab. So konnte er sich nämlich wenigstens über die dummen anderen Autofahrer aufregen, die hier Tag für Tag die Straßen verstopfen. Noch im stockenden Verkehr wurde es dann aber richtig lustig. „Many girls around here become lesbians!“ – Danke für diese außerordentlich essentielle Information. Ich meine, die Information an sich könnte strategisch wirklich wichtig sein, aber sie in einem doch sehr religiös geprägten Land von einem Mann zu bekommen, den man gerade vier Minuten kennt, ist doch sowohl ironisch wie auch leicht erschütternd. Dem nicht genug, war er noch nicht völlig am Ende mit seiner Vorlesung über grundlegende menschliche Bedürfnisse.

„They use the finger, you know!“ Mit diesem Satz schoss er den Vogel endgültig ab! Ich saß auf dem Rücksitz und biss mir auf die Unterlippe um nicht laut loslachen zu müssen. Der Tag war gerettet. Eigentlich interessierte es mich auch nicht mehr, dass das Gespräch doch etwas unangenehm begonnen hatte, denn ich hatte endlich etwas worüber ich schreiben konnte!

Ich stieg aus, bezahlte und ging zum Essen. Ich denke, es ist nicht vermessen zu sagen, dass diese 5 RM die beste Investition waren, die ich hier bisher getätigt habe …

ChK

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